Wo bis vor kurzem imposante Baumbestände gediehen, sterben heute Fichten, Eschen und zunehmend auch Rotbuchen rasant. Auch im beliebten Leondinger Naherholungsgebiet wird man also Zeuge lokaler Folgen des Klimawandels. Doch warum? Wer ein Stück Fichtenrinde in die Hand nimmt, findet darin vielfach die typischen Fraßspuren von Borkenkäfern.
Dass diese Schädlinge gerade in den letzten Jahren den Fichten in den österreichischen Wäldern so stark zusetzen konnten, ist kein Zufall.
Bezirksforstinspektor DI Gottfried Diwold weiß, was im Kürnbergwald los ist. In den letzten 30 Jahren stieg die Jahresmitteltemperatur in Linz-Land von 9,7 °C auf 11,8 °C.
Mit weiteren 2-3 °C plus ist in den nächsten 30 Jahren zu rechnen. Stürme und extreme Trockenperioden werden weiter zunehmen. Forstwirtschaftlich genutzte Baumarten erweisen sich längst nicht alle als klimafit: Fichten werden vom Borkenkäfer befallen, Eschen setzen Pilze wie das Falsche Weiße Stängelbecherchen zu – seit 2019 besonders massiv.
Der Fichtenanteil im forstwirtschaftlich genutzten Kürnbergwald sank von 36 % (2013) auf 7 % (2020). In fünf Jahren werde es hier keine wesentlichen Fichtenbestände mehr geben, gibt Diwold als ernüchternden Ausblick
Klimawandel, Monokultur, Schädlinge – eine Kombination aus mehreren Faktoren begünstigt das massive Fichtensterben im Kürnbergwald.
In Österreich ist die Fichte seit Beginn der Industrialisierung der „Brotbaum“ der Forstwirtschaft. Wegen ihrer guten Wachstums- und Verarbeitungseigenschaften wurde sie in Monokulturen z.B. zur Bauholzerzeugung verwendet.
Fichten sind jedoch Flachwurzler. Stürme, Hitze und Trockenheit schwächen sie besonders. Geschwächte oder im Sturm umgeworfene Fichten produzieren kein Baumharz mehr, das Schadinsekten abwehren kann. Buchdrucker und Kupferstecher, beides Borkenkäfer, legen so ungehindert ihre Eier unter der Rinde ab. Die Larven fressen das Bastgewebe zwischen Stamm und Rinde und zerstören den Saftfluss in die Baumkrone. Derart befallene Fichten sterben und müssen schnell aus dem Wald entfernt werden, um einen Befall der Nachbarbäume zu verhindern.
Beim Spazierengehen erkennt man derart sterbende Fichten übrigens an den typischen Bohrlöchern in der Rinde und an grünen Nadeln am Boden, die regelrecht vom Baum regnen. Doch zurück zu den Borkenkäfern.
Borkenkäfer entwickeln sich temperaturabhängig – je wärmer, desto schneller. Anstatt zweier Generationen je Sommer bilden sie bis zu drei aus. Aus einem Ausgangsbestand von 200 Buchdruckern können so in einer Saison 3,2 Millionen Käfer entstehen. Ein einziger im Frühjahr übersehener Käferbaum kann in bis zu 1.000 Käferbäumen im Herbst resultieren. Borkenkäfer können sich also ungehindert vermehren und sehr rasch mehr und mehr Bäume schädigen, die ja ihrerseits durch Trockenheit und Hitze geschwächt sind. Zunehmend schutzlose Fichten sind somit einer explosionsartig steigenden Anzahl an Borkenkäfern ausgeliefert – in Monokulturen trifft der Schädlingsbefall rasch den gesamten Bestand.
Das aktuell zu beobachtende Baumsterben im Kürnbergwald hängt klar mit der aktuellen Klimakatastrophe und der auf Monokulturen basierenden Forstwirtschaft zusammen. Auslöser für die Massenvermehrung von Borkenkäfern sind durch den Klimawandel bedingte Stürme oder extreme Trockenperioden. Fichtenmonokulturen können diesem Druck nicht mehr standhalten.